Die laufende Saison entlarvt die Reformnarren in der National League
Am Anfang stand im letzten Sommer Marc Lüthis Idee, die Ausländerbeschränkung ganz aufzuheben. Dann kam die schrittweise Reduktion auf zwölf, sieben und nun ab nächster Saison auf fünf oder sechs Ausländer. Je nach Liga-Grösse. Nun zeigt sich nach der Rückkehr zur Normalität in der laufenden Meisterschaft: Selbst die moderate Erhöhung auf fünf oder sechs Ausländer ist barer Unsinn.
Als Begründung für die unsinnige Erhöhung der bisherigen Anzahl Ausländer (vier) werden zwei Gründe genannt. Erstens seien Ausländer billiger als Schweizer Mitläufer, weil es eine unübersehbare Heerschar von hunderten von ausländischen Spielern gebe, die nur darauf warten, für 40'000 oder 50'000 Franken netto oder noch weniger unsere Liga zu bereichern. Zweitens gebe es nicht genug Schweizer Spieler für eine National League mit 13 oder 14 Teams.
Weil es keine Liga-Führung mit sportlicher Kompetenz gibt, hat es gegen die Reformnarren viel zu wenig Opposition gegeben. Liga-Manager Denis Vaucher hat zwar beim Management der Virus-Krise auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet vorzügliche Arbeit geleistet und dafür sollte ihm ein Denkmal gebaut werden. Aber in sportlichen Dingen ist er ahnungslos und plappert nach, was ihm Marc Lüthi einflüstert.
Zu den Ausländern: Den riesigen Markt, von dem die Reformnarren immer wieder schwadronieren, hat es noch nie gegeben und wird es nie geben. Schon im Sommer haben die Sportchefs wieder einmal gejammert, der Markt sei ausgetrocknet. Logisch also, dass nicht ein einziger der 13 Klubs vier erstklassige Ausländer gefunden hat. Und kein einziger ausländischer Arbeitnehmer kostet, ehrlich gerechnet mit allen Lohn- und sonstigen Kosten, weniger als 300'000 Franken. Und bereits jetzt sind die ersten Klubs schon nicht mehr dazu in der Lage, vier Ausländer einzusetzen. Weil die ersten durch Verletzungen ausfallen.
Nicht auszudenken, was los wäre, wenn die Klubs sieben Ausländer einsetzen könnten. Der SCB hätte beispielsweise nicht bloss zwei «Nullnummern». Sondern drei oder vier. Und bei der Nachfrage von sieben Ausländern wären die Preise in die Höhe geschossen und nicht einer würde für weniger als 200'000 Franken netto (also mindestens 400'000 Franken brutto) in der Schweiz spielen. Die Liga müsste bei sieben Ausländern fast 20 Millionen mehr für Saläre ausgeben. Die Erhöhung auf 5 Ausländer (wenn nächste Saison die Liga 13 Teams umfasst) oder 6 Ausländer (bei einer 14er Liga), die wir den Reformnarren verdanken, beschert der Liga ab nächster Saison null sportlichen Mehrwert und jedem Klub bis zu einer Million höhere Lohnkosten.
Noch schlimmer als die Erhöhung der Anzahl Ausländer (sie müsste eigentlich wieder rückgängig gemacht werden) ist die durch nichts belegte Behauptung der Reformnarren, es gebe nicht genug Schweizer Spieler für eine Liga mit 13 oder 14 Teams. Deshalb müsse man mehr Ausländer erlauben. Auch das ist – excusez l'expression – barer Unsinn.
Wenn Ajoie heute Konkurs ginge und sämtliche Spieler auf den Markt kämen – wahrscheinlich würde keiner einen Job finden. Der Aufsteiger hat sich nämlich praktisch nicht verstärkt und unsere Sportchefs sind, wie die Reformnarren, fast durchwegs der Meinung, dass Spieler aus der Swiss League nicht für die höchste Liga taugen.
Aber Ajoie hält munter mit, hat schon Meister Zug auswärts besiegt und bisher nur einen Punkt weniger geholt als der SCB. Mit einem Team aus lauter Swiss-League-Spielern. Ajoies Mittelstürmer Thibault Frossard ist beispielsweise besser als die SCB-Ausländer Kaspars Daugavins und Dustin Jeffrey. Und kostet viermal weniger.
Die Unfähigkeit, das Potenzial von Spielern richtig einzuschätzen, ist eine der grössten und teuersten Schwächen unserer Hockey-Manager. Hier nur ein paar Beispiele.
Wie kann es sein, dass Langenthals Luca Christen erst nächste Saison (in Biel) in die National League kommt? Er müsste schon seit drei Jahren auf höchstem Level verteidigen.
Marco Lehmann stürmte bis 2020 für Kloten und galt als untauglich fürs grosse Hockey. Nur Janick Steinmann, der Sportchef der Lakers, erkannte sein Potenzial. Marco Lehmann buchte letzte Saison 30 Punkte und war der Liga-Neuling des Jahres.
Nando Eggenberger stand im Frühjahr 2020 in Davos aus Mangel an Offerten dem Ende seiner Karriere zeitweise näher als der Fortsetzung. Nun ist er drittbester Skorer der Liga und Topskorer der Lakers.
Dario Kummer würde in jedem NL-Klub mindestens die dritte Linie als Center führen. Aus Mangel an Interesse hat er bei Langenthal einen Mehrjahresvertrag unterschrieben. Dabei war er bereits in Ajoie und zweimal in Langenthal der Schlüsselspieler eines Meisterteams.
In der Swiss League gibt es mindestens 30 Spieler im besten Alter, die, wenn sie denn eine Chance bekämen, in der höchsten Liga die Rolle eines kostengünstigen Mitläufers problemlos ausfüllen könnten.
Zu vielen Sportchefs ist die Swiss League ferner als die NHL und das Potenzial ihrer eigenen Nachwuchsspieler können sie auch nicht einschätzen. Der SCB hat beispielsweise letzte Saison André Heim nicht einmal ein Vertragsangebot gemacht.
Die Liga könnte mindestens 20 Millionen Lohnkosten bei den Schweizern sparen, wenn die eigenen Nachwuchsspieler geduldig gefördert, in der ersten Mannschaft richtig eingesetzt, und wenn die vergessenen Talente aus der Swiss League eine Chance bekommen würden. Die Investition in ein Farmteam in der Swiss League zur Entwicklung der eigenen Talente würde Jahr für Jahr in siebenstelligen Ersparnissen bei den Löhnen der ersten Mannschaft zinsen. Zugs angekündigte Auflösung des Farmteams ist eine der grössten Torheiten unserer neueren Hockeygeschichte.
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Das Problem hat auch strukturelle Gründe: Wir haben eine Liga zu viel. Die Swiss League und die MySports League müssten schon lange als Unterbau zur National League zu einer Liga zusammengeführt werden. Und die 1. Liga sollte wieder die höchste Amateurliga sein. Um die Verbesserung der Strukturen müssten sich unsere Reformnarren bemühen.
Wir haben eine der besten Hockeykulturen der Welt. Aber es ist ein Problem, wenn wir nach wie vor Manager haben, die den Wert dieser Hockeykultur nicht zu erkennen vermögen und sich als Reformnarren profilieren. Diese Narren kosten unsere Klubs Jahr für Jahr Millionen.
Ende der Polemik.
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